Schülerinnen- und Schülerpreis CLAUS

Wertvolle Erfahrung für junge Menschen

Donnerstag, 18.4.2024
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Anna Kobler aus Mühlbach, eine Schülerin des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums in Bruneck, gewann 2023 mit einem Videobeitrag über „versteckte Armut“ den Schülerinnen- und Schülerpreis CLAUS.

Der Schülerinnen- und Schülerpreis CLAUS für journalistisches Arbeiten im Gedenken an Prof. Claus Gatterer wird seit 2018 vom Arbeitsbereich Begabungsförderung im Schulverbund Pustertal in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Abteilung der Deutschen Bildungsdirektion, der Gemeinde Sexten und dem ORF Wien ausgeschrieben. INFO hat sich mit Hermann Rogger, dem Koordinator für Begabungs- und Begabtenförderung im Schulverbund Pustertal und Projektleiter, über den Preis unterhalten.

Für Hermann Rogger hat sich Claus Gatterer (1924-1984) „vor allem als mutiger und unangepasster Journalist einen Namen gemacht, als ein Journalist, der konsequent und kohärent seinen Weg gegangen ist, der sich  besonders für die Schwachen und die Randgruppen der Gesellschaft eingesetzt hat.“ Im Jahr 1985 wurde der Prof. Claus Gatterer-Preis für sozial engagierten Journalismus ins Leben gerufen, seit einigen Jahren kürt eine Jury auch den Schülerinnen- und Schülerpreis CLAUS, der jährlich in Sexten, dem Geburtsort Claus Gatterers, verliehen wird. INFO wollte mehr über das Begabungsprojekt wissen und hat Hermann Rogger zum Interview gebeten.

Wann und warum wurde der Schülerinnen- und Schülerpreis CLAUS ins Leben gerufen?

Die Idee hatte Landesrat Philipp Achammer im Frühjahr 2018. Ihm war es ein Anliegen, dass der aus Sexten stammende und vielfach ausgezeichnete Journalist verstärkt in das Bewusstsein junger Menschen gerückt werden sollte. So habe ich in meiner Funktion als Koordinator für Begabungs- und Begabtenförderung im Schulverbund Pustertal zusammen mit meiner Kollegin Beatrix Christanell von der Pädagogischen Abteilung im Frühjahr 2018 ein Wettbewerbskonzept ausgearbeitet. Dann sind wir damit gestartet.

Wie lief die erste Ausgabe?

Sehr gut. 12 Oberschülerinnen und Oberschüler aus Bruneck nahmen an der ersten Ausgabe und am dazu angebotenen Workshop mit dem ORF-Journalisten und Claus-Gatterer-Preisträger 2018 Jürgen Pettinger teil. Der Medientechniker und Filmproduzent Jiri Gasperi übernahm die technische Betreuung der Jungjournalistinnen und Jungjournalisten, die einen Filmbeitrag oder ein Radiofeature gestalteten und einreichten. Als Mitglieder der Jury konnte ich den ORF-Journalisten Franz Kössler, den RAI-Journalisten Wolfgang Mayr sowie die ORF-Legende und Gatterer-Schülerin Elizabeth T. Spira gewinnen, die leider kurz vor der Preisverleihung verstorben ist.

Hermann Rogger mit CLAUS-Gewinnerin 2023 Anna Kobler, CLAUS-Jurymitglied Barbara Bachmann und Prof. Claus Gatterer-Preisträgerin 2023 Daniela Prugger.

Was soll der Preis den Schülerinnen und Schülern sowie der Öffentlichkeit vermitteln?

Wir möchten einerseits den Schülerinnen und Schülern das Erbe und den Zugang zum Journalismus Gatterers näherbringen, der sich immer für die gesellschaftlich Schwachen eingesetzt hat und die Diversität der Gesellschaft abgebildet hat. Andererseits bietet das Projekt den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, in Begleitung von professionellen Coaches, einer Journalistin und einem Medientechniker, die Entstehung eines Film- oder Audiobeitrages von der ersten Idee, über das Drehbuch, das Führen eines Interviews, den Schnitt, die Musikauswahl und noch vieles mehr bis zum fertigen Produkt mitzuerleben.

Wie war das bisherige Feedback aus der Öffentlichkeit?

Die Reaktion war durchwegs positiv, die Beiträge werden nach der Preisverleihung jeweils auf den Onlinemedien salto.bz und barfuss.it veröffentlicht. Auch auf die vielen Presseberichte bekomme ich sehr positive Rückmeldungen und interessierte Anfragen, wo denn die Beiträge der Schülerinnen und Schüler nachgehört bzw. -gesehen werden könnten. Das Projekt vermittelt der Öffentlichkeit zudem, dass es jungen motivierten und engagierten Menschen die Möglichkeit bietet, durch die Teilnahme an diesem Projekt einen Einblick in die reale Arbeitswelt zu erhalten und in einem spannenden Lernprozess die eigenen Kompetenzen zu entdecken und weiterzuentwickeln.     

Mit welchen Themen beschäftigen sich die Teilnehmenden?

Die Themen sind vielfältig und bunt und kommen durchaus auch aus dem Interessen- und Erfahrungsbereich der jungen Menschen. Beim ersten Workshop wird die Frage aufgeworfen, was denn gesellschaftsrelevant  sein könnte. Es werden erste Ideen gesammelt, Themen, die im Sinne von Claus Gatterer soziale und gesellschaftliche Missstände ansprechen und für eine breite Masse an Menschen von Bedeutung sein könnten. Es sind Themen, die medial präsent sind oder vielleicht mehr Aufmerksamkeit bekommen sollten, wenn es zum Beispiel um Diskriminierung, Minderheiten oder gesellschaftliche Probleme geht. Sie sollen ein kritisches Bewusstsein gegen Ignoranz und Gleichgültigkeit in der Gesellschaft entwickeln, soziale Aspekte aufgreifen oder Geschichten erzählen, in denen es um Zivilcourage und Mut geht. Im vergangenen Jahr waren es Themen wie Adoption in Südtirol, die Dorfgemeinschaft und ihre Veränderung durch die Pandemie, künstliche Intelligenz in der Medizin, die krank gesparte Gesellschaft oder versteckte Armut.

Durch die Arbeit an einem Realprojekt, das bei einem Wettbewerb eingereicht wird, und durch  das professionelle Coaching der Fachexpertinnen und –experten entwickeln sie viele Kompetenzen, die sie auch im späteren Berufsleben einsetzen können.

Wie laufen die Workshops ab und wie erarbeiten die Schülerinnen und Schüler die Beiträge?

Die Teilnehmenden werden von der RAI-Journalistin Mareike Sölch und vom Medientechniker Jiri Gasperi begleitet. Es finden drei ganztägige Workshops im Sprachen- und Realgymnasium in Bruneck in Präsenz statt: einer im Oktober, einer im Dezember und einer im Jänner. Zwischendurch und nach dem dritten Workshop werden die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen und einzeln, je nach Bedarf in Präsenz, telefonisch oder online betreut. Letztlich machen sie aber alles selbst, von der Idee bis zur Konzeptentwicklung, vom Drehbuch bis zu den Interviews, dem Filmen, Schneiden, der Musikauswahl bis zum fertigen Produkt.

Was waren die Feedbacks der Schulen und der Teilnehmenden?

Die Feedbacks der Schulen und der Schülerinnen und Schüler sind durchwegs positiv. Durch die Arbeit an einem Realprojekt, das bei einem Wettbewerb eingereicht wird, und durch  das professionelle Coaching der Fachexpertinnen und –experten entwickeln sie viele Kompetenzen, die sie auch im späteren Berufsleben einsetzen können. Sie erkennen, dass die Gestaltung eines Film- oder Radiobeitrages eine sehr komplexe, arbeitsintensive und aufwändige Tätigkeit ist, die ein durchdachtes Zeitmanagement erfordert. Bei der Auswahl und der Aufarbeitung der Themen lernen sie den Geist Gatterers kennen, der sich immer auf die Seite der Schwachen stellte, und erkennen, welche Visionen er in sich trug.

Ich möchte hier stellvertretend Lea-Marie Steinwandter, die CLAUS-Preisträgerin 2022 zitieren, die im März 2023 ein einwöchiges Praktikum beim ORF in Wien machen durfte: „Das Praktikum brachte mir eine Fülle an Erfahrungen, die ich sicher nie wieder vergessen werde. Ich bekam Einblicke in verschiedenste Berufsfelder und sah ein wenig hinter die Kulissen der Fernseh-, Radio- und Social-Media-Tätigkeit des ORF. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren überaus freundlich und erklärten mir alles Schritt für Schritt und ließen mich auch sehr viel selbst ausprobieren. Insgesamt war das Praktikum eine großartige Erfahrung und einzigartige Möglichkeit, die ich bekam. Ich lernte unglaublich viel dazu und auch ein für mich vorher noch eher unbekanntes Berufsfeld näher kennen.“

Der Schülerinnen- und Schülerpreis CLAUS wird jährlich zusammen mit dem Prof. Claus Gatterer-Preis in Sexten verliehen: Im Bild die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am CLAUS 2023 mit Landesrätin Waltraud Deeg (Erste von rechts), Sextens Bürgermeister Thomas Summerer (Dritter von links), dem Jury-Mitglied des Prof. Claus-Gatterer-Preises Günther Pallaver (Vierter von links) und der Prof. Claus Gatterer-Preisträgerin 2023 Daniela Prugger bei der Preisverleihung im Juni 2023.

Wie verläuft die diesjährige Ausgabe des Preises?

Dieses Jahr haben sich so viele Schülerinnen und Schüler wie noch nie mit einem Motivationsschreiben beworben, nämlich insgesamt 24 der 3. und 4. Klassen von neun Oberschulen aus Bruneck, Brixen, Sterzing, Bozen und Schlanders. Die drei Workshops in Präsenz sind gut über die Bühne gegangen. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten intensiv und mit großer Motivation an der Umsetzung ihrer Film- und Audiobeiträge. 

Am 6. Juni 2024 wird im Rahmen der Preisverleihung des Prof. Claus Gatterer-Journalistenpreises auch der Schülerinnen- und Schülerpreis CLAUS vergeben. Was dürfen wir uns erwarten?

Es wurden 18 Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme am Wettbewerb zugelassen. Sechs arbeiten als Tandem. Auf die Jury wartet nun viel Arbeit. Sie wird aus den 15 eingereichten Projekten den Siegerbeitrag für den CLAUS 2024 küren. Die Jury setzt sich aus Barbara Bachmann, einer mehrfach ausgezeichneten freien Reporterin, der Botschafterin Teresa Indjein, die das österreichische Kulturforum in Rom leitet, Wolfgang Mayr, einem erfahrenen Radiomann und Journalisten, der viele Jahre für Rai Südtirol gearbeitet hat und Andreas Pfeifer, dem Leiter des ORF-Büros in Berlin zusammen.

Beim Schülerinnen- und Schülerpreis CLAUS blieb es ja aber nicht …

Richtig. Unter der Federführung der ORF-Journalistin Sabina Zwitter Grilc und unter der Mitwirkung junger ORF-Journalistinnen und -Journalisten hat sich ein weiteres Medienprojekt, die CLAUS-Tandems, entwickelt. Die Teilnehmenden am CLAUS 2022 begaben sich im September 2022 in Wien zusammen mit den Jungjournalistinnen und Jungjournalisten sowie slowenischen Oberschülerinnen und Oberschülern in Tandems auf die Spuren Claus Gatterers. Sie fragten bei Minderheiten nach und produzierten fünf Videos zur Thematik der kärntner-slowenischen Minderheit, zum Frausein im Judentum, zur Geschichte und Gegenwart der Roma-Volksgruppe sowie zum Rassismus und der Situation von People of Color in Österreich. Ein weiterer Film mit dem Titel „Who the hell is Claus?“ erklärt, wer Claus Gatterer war und welche Verdienste er für den Journalismus in Österreich und Südtirol hat. Die „CLAUS-Tandems-Diversity-Show“ wurde  anlässlich des 100. Geburtstages von Claus Gatterer im Februar im ORF Landesstudio in Klagenfurt aufgeführt. Am 10. Oktober 2024 findet die „CLAUS-Tandems-Diversity-Show“ im Presseclub Concordia in Wien statt.

Infos zur Teilnahme:

Interessierte Oberschülerinnen und Oberschüler der 3. und 4. Klassen aller weiterführenden Schulen, die beim CLAUS 2025, dem 7. Schülerpreis, mitmachen möchten, können sich bis zum 25. September 2024 über die jeweilige Schule beim Projektleiter Hermann Rogger anmelden. Die Ausschreibung und die Anmeldeformulare werden im Mai ausgesendet.

Die doppelte Preisverleihung – die Auszeichnung für hervorragenden Journalismus im Gedenken an Prof. Claus Gatterer und der CLAUS-Schüler*innenpreis – der diesjährigen Ausgabe findet am Donnerstag, 6. Juni um 17.00 Uhr im Haus Sexten in Sexten statt.

Der Gewinner, die Gewinnerin oder das Siegerteam bekommt eine Bronzestatuette des Innsbrucker Künstlers Georg Loewit, ein einwöchiges Praktikum beim ORF in Wien und einen Gutschein über 500 € zur Deckung der Fahrtspesen nach Wien sowie  für Unterkunft und Verpflegung.

Redaktion INFO