Kunst verbindet
Pfleger Haus der Kunst

Der Schulverbund Pustertal eröffnet gemeinsam mit der Gemeinde Gais das „Pfleger Haus der Kunst“ – ein Bildungs- und Kulturort für Kinder und Jugendliche aus dem Puster- und Gadertal sowie für externe Besucherinnen und Besucher.
In einer Welt, die zunehmend von Technologie und digitalen Medien geprägt ist, wird die Bedeutung der Kunsterziehung für die kindliche Entwicklung oft unterschätzt. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen jedoch, dass Kunst und kreative Ausdrucksformen entscheidend für die ganzheitliche Entwicklung von Kindern sind. Vor diesem Hintergrund freut sich der Schulverbund Pustertal, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Gais, die Eröffnung des „Pfleger Haus der Kunst“ bekannt zu geben – ein Ort, der Kindern und Jugendlichen (Kindergarten bis Oberschule) aus dem Puster- und Gadertal sowie externen Besuchern offensteht.

Geschichtliches zum Ort
Schloss Neuhaus wurde von 1241-1248 von den Herren von Taufers errichtet. Einer der bekanntesten Bewohner war der Minnesänger Oswald von Wolkenstein (1377-1445), der einige Jahre in Gais verbrachte. Das Pflegerhaus am Fuße des Schlossfelsens wurde 1752 von Alexander Graf Künigl erbaut und diente als Sitz für den Verwalter von Schloss Neuhaus. Um 1900 erwarb der Bildhauer Alois Bacher das Haus, das bis 1981 im Besitz der Familie blieb. 2018 trat Josef Oberhuber die Parterre-Wohnung an die Gemeinde Gais ab, um die Räume kulturellen Zwecken zu widmen.
Von besonderer Bedeutung ist dieser Ansitz, weil die Künstlerdynastie der Bacher über zwei Jahrhunderte hier ihre Holzschnitztätigkeit ausübte. Die Söhne von Alois Bacher, Heinrich und Franz Bacher erlangten durch ihr Studium in München überregionale Anerkennung. In den letzten Kriegsjahren fand hier eine Begegnung zwischen Heinrich Bacher und dem amerikanischen Dichter Ezra Pound statt, dessen Tochter Mary de Rachewiltz in Gais aufwuchs.
Nach dem Erwerb der Räumlichkeiten hat sich die Gemeinde Gais intensiv mit der zukünftigen Nutzung auseinandergesetzt und stellt diese nun dem Schulverbund Pustertal zur Verfügung.
Die Bedeutung der Kunst
Kunst spielt eine zentrale Rolle in der Entwicklung von Kindern. Laut einer Studie der Universität Harvard fördert die Auseinandersetzung mit Kunst die Kreativität, kognitive Fähigkeiten, kritisches Denken und emotionale Intelligenz. Kinder, die regelmäßig mit Kunst in Berührung kommen, zeigen eine höhere Problemlösungsfähigkeit und ein besseres Verständnis für komplexe Zusammenhänge. Kunst stärkt das Selbstbewusstsein und die soziale Kompetenz, da Kinder lernen, ihre Ideen auszudrücken und im Austausch mit anderen zu kommunizieren.
Ein weiterer Aspekt ist die Förderung der Feinmotorik. Malen, Zeichnen und Basteln erfordern präzise Bewegungen, die die motorischen Fähigkeiten der Kinder schulen. Studien zeigen, dass Kinder, die regelmäßig künstlerisch tätig sind, in der Schule oft bessere Leistungen in anderen Fächern erbringen, da sie durch die kreative Betätigung auch ihre Konzentration und Ausdauer trainieren.

Konzept
Das Pfleger Haus der Kunst ist ein kreativer Lernort und integrativer Raum der bildenden Kunst, der kreative Potenziale freisetzt und Horizonte erweitert. Es verbindet Menschen rund um die Themen bildende Kunst, Design, Architektur, Musik und Literatur und fördert den lokalen, regionalen und internationalen Austausch zwischen Kunst- und Kulturinteressierten. Dieser Raum versteht sich als kultureller Treffpunkt und interaktiver Ort der Begegnung, der sich gezielt in die Pustertaler Bildungslandschaft als Bezugspunkt eines starken Netzwerkes einfügt.
Der Kunstunterricht an Südtiroler Bildungseinrichtungen ist aktuell begrenzt. Das Pfleger Haus der Kunst bietet einen inklusiven Raum ohne schulischen Druck, der künstlerisch-kreative Prozesse fördert und eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung unterstützt. Es schafft ein Netzwerk, das tiefgreifende und nachhaltige kreativ-künstlerische Erfahrungen ermöglicht. Im Vordergrund stehen das praktische Tun und die unmittelbare Erfahrung mit Materie und Gemeinschaft.

Angebot
Das Angebot richtet sich an Kinder, Jugendliche und kunstinteressierte Erwachsene. Es umfasst tägliche Programme für Gruppen von Kindergartenkindern bis zu Oberschülern, Halbtags- und Ganztagskurse, Kunstwochen, Expertenunterricht, Workshops und Lehrerfortbildungen. Die Arbeitsräume können im Sommer von Künstlerinnen und Künstlern als Ateliers genutzt werden, und die Arbeiten können vor Ort ausgestellt werden. Einmal jährlich findet zu einem Themenschwerpunkt ein „Pfleger Haus der Kunst-Festival“ statt.
Im ersten Jahr werden Formate getestet und erprobt, die bei Bedarf erweitert werden. Bereits im Schuljahr 2024/25 wurden erste Formate getestet, bei denen Schülerinnen und Schüler der Landeshotelfachschule Bruneck und des Kunstgymnasiums Bruneck Bilder gestalteten, die im Presseclub Concordia in Wien ausgestellt wurden.
Die Nachfrage nach einem solchen Angebot ist groß. Es gibt bereits zahlreiche Institutionen im sportlichen und musikalischen Bereich, aber auf künstlerischer Ebene fehlt eine vergleichbare Struktur. Die Vermittlung von Kreativität und Flexibilität durch Kunst sollte in der heutigen Bildungslandschaft einen hohen Stellenwert einnehmen. Das Pfleger Haus der Kunst fördert diese Kompetenzen, um Kinder und Erwachsene auf die Zukunft vorzubereiten und ihnen zu helfen, sich selbst und anderen offen und tolerant zu begegnen. Es versteht sich als ein „modularer Space“, der sich stetig weiterentwickelt.

