Bildungstrends in Südtirol
Neue INVALSI-Ergebnisse: Was Zahlen über Chancen verraten

Die aktuellen Lernstandserhebungen zeigen: Bildungserfolg ist mehr als Fleiß. Herkunft, Umfeld und Schultyp prägen die Ergebnisse – und zeichnen ein Bild, das zum Nachdenken über Bildungsgerechtigkeit anregt.
Ein Vormittag in einem Klassenzimmer irgendwo in Südtirol: Kinder und Jugendliche beugen sich über Texte, sie lösen Aufgaben, Zahlen und Wörter tanzen über die Hefte. Was hier alltäglich wirkt, spiegelt sich nun in Statistiken, Prozentwerten und Kompetenzstufen wider. Es sind nüchterne Zahlen, die aber von mehr als richtigen oder falschen Antworten erzählen. Wer auf die INVALSI-Ergebnisse schaut, blickt auf die Bildungsrealität in Südtirol: Wer lernt, lernt nicht im Vakuum. Herkunft, Umfeld und Schultyp schreiben mit – bei Erfolgen wie bei Niederlagen.
Nun liegen die Daten schwarz auf weiß vor. Die Landesevaluationsstelle hat die Landesberichte zu den INVALSI-Lernstandserhebungen veröffentlicht. Sie ergänzen die bereits im Juli präsentierten gesamtstaatlichen Daten, die zunächst die Abschlussklassen der Mittel- und Oberschulen in Mathematik und Englisch erfassten. Jetzt folgen die Ergebnisse im Fach Deutsch für die dritten Klassen der Grund- und Mittelschule sowie die fünften Klassen der Oberstufe. Neu sind auch Analysen für Mathematik in der Grundschule und der zweiten Klasse der Oberstufe.
Die Daten sind mehr als Statistik. Sie sind ein Kompass für evidenzbasierte Bildungsplanung
Deutsch: Wo Mädchen die Nase vorn haben
Im Fach Deutsch zeigt sich ein breites Spektrum an Leistungen. In den dritten Klassen der Grundschule liegen Mädchen klar vor den Jungen. In den Abschlussklassen der Mittelschule erreichen rund drei Viertel der Schülerinnen und Schüler mindestens das Basisniveau der Kompetenzstufe 3 von insgesamt 5: Bei den Mädchen sind es 78 Prozent, bei den Jungen 68 Prozent. In der Oberstufe gleichen sich die Geschlechterunterschiede aus, doch die Schultypologie bleibt entscheidend: Gymnasien, vor allem klassische, Real- und Sprachgymnasien, führen das Feld an.
Mathematik: leichte Zugewinne, klare Spitzenreiter
Die Mathematik-Ergebnisse der Fünftklässler bewegen sich im Bereich des gesamtstaatlichen Mittels und haben sich gegenüber der letzten Erhebung leicht verbessert. Hier sind es die Jungen, die tendenziell besser abschneiden. In der zweiten Klasse der Oberstufe liegen die Werte statistisch signifikant über dem gesamtstaatlichen Durchschnitt, besonders in Realgymnasien und technologischen Fachoberschulen.
Lernprozesse sind vielschichtig und müssen im Gesamtkontext betrachtet werden.
Herkunft prägt Chancen
Über alle Fächer hinweg zeigt sich: Die sprachliche Biografie und der sozioökonomische Status sind entscheidende Faktoren. Kinder aus deutschsprachigen Familien und aus besser gestellten Haushalten erzielen im Schnitt höhere Ergebnisse.
Daten sind mehr als Statistik
„Die Ergebnisse liefern wertvolle, datenbasierte Hinweise auf Entwicklung und Tendenzen“, sagt Klaus Niederstätter, Leiter der Landesevaluationsstelle. „Doch Zahlen alleine erklären nicht alles. Lernprozesse sind vielschichtig und müssen im Gesamtkontext betrachtet werden.“ Er unterstreicht: Nur durch eine ganzheitliche Analyse könnten passende Maßnahmen entwickelt und die Bildungsqualität langfristig gesichert werden. „Die Zahlen sind daher mehr als Statistik. Sie sind ein Kompass für evidenzbasierte Bildungsplanung“, sagt Niederstätter.
Die Landesberichte zu den INVALSI-Lernstandserhebungen für die deutschsprachigen Schulen sind auf der Webseite der Landesevaluationsstelle abrufbar.




