Interview mit Manuela Damian
„Ich wollte etwas machen, das mich erfüllt“

Manuela Damian aus Tiers arbeitete zunächst als Supplentin im Kindergarten, wechselte dann in die Backstube – und wurde Konditormeisterin. Wie es zu diesem Neuanfang kam und wie sie Ausbildung, Beruf und Familie vereinbarte, erzählt sie im INFO-Interview.
Als Kindergärtnerin stand Manuela Damian aus Tiers schon früh mitten im Berufsleben und genoss die Arbeit mit Kindern – doch tief in ihr wuchs die Erkenntnis: Der Kindergarten würde nicht ihr langfristiger Weg sein. Die Erinnerung an einen Sommer in einer Konditorei brachte die Wende. Das Handwerk faszinierte sie, fühlte sich richtig an. Nach einigen Umwegen und einem kurzen Abstecher in die Optikerlehre öffnete sich schließlich eine Lehrstelle in einer Konditorei – „fast wie ein Zeichen“, sagt sie heute. Inzwischen ist Manuela Damian Konditormeisterin, hat den berufsbegleitenden Fachkurs abgeschlossen und arbeitet im Familienbetrieb im Tierser Tal.
Du warst Kindergärtnerin und hast nun die Meisterlehre zur Konditorin abgeschlossen. Was war der ausschlaggebende Moment oder Gedanke, der dich dazu gebracht hat, beruflich neu zu starten?
Ich habe meinen Berufsalltag im Kindergarten begonnen, als Supplentin. Obwohl mir der Beruf Freude gemacht hat, stand ein Hindernis vor mir: die Ranglisten in den Kindergärten. Ohne Zweisprachigkeitsprüfung und mit fehlenden Stunden war eine feste Anstellung nicht möglich. Italienisch war für mich immer eine Herausforderung. Das war aber nicht der ausschlaggebende Grund, eher das berühmte letzte Tröpfchen.
Ich habe gemerkt, der Beruf ist schön, aber auch sehr fordernd im zwischenmenschlichen Bereich. Ich habe für mich festgestellt, dass ich das nicht mein Leben lang machen kann, wenn ich den Kindern gerecht werden möchte. Und dann kam die Erinnerung an einen Sommer, den ich in einer Konditorei verbringen durfte. Dort zu arbeiten, hat mir gefallen. Ich bin dort gern hingegangen, das fiel mir leicht. Also habe ich eine Lehrstelle gesucht, zunächst ohne Erfolg. Ich versuchte es noch einmal anders, als Optikerin. Es hat alles gepasst und trotzdem war es nicht das Richtige. Dann wurde zufällig eine Lehrstelle in einer Konditorei in Bozen frei. Das war fast wie ein kleines Zeichen. Ich habe mich gemeldet und die Stelle bekommen.

Wie sah der Umstieg ganz konkret aus? Welche Schritte musstest du gehen?
Ich habe mich beworben, ein Vorstellungsgespräch geführt und gewartet, ob es passt. Sie haben mich schließlich genommen. Ich war zu der Zeit noch als Optikerin angestellt und habe offen mit dem Betrieb gesprochen. Sie haben es verstanden, mir Glück gewünscht, und wir haben den Vertrag einvernehmlich gelöst. So konnte ich mit der Konditorlehre starten.
Du hast dort die Lehre abgeschlossen und die Meisterlehre begonnen. Gab es formale Voraussetzungen, Prüfungen oder Nachweise, die du erfüllen musstest, um zur Meisterlehre zugelassen zu werden?
Ja. Für die Meisterprüfung musste ich entweder Berufsjahre nachweisen oder eine abgeschlossene Ausbildung. Ich wurde über das Amt für Meister- und Lehrlingsausbildung schriftlich informiert, dass der nächste fachpraktische Teil der Konditorei-Meisterausbildung startet. So habe ich davon erfahren.
Wie ist der Weg von der Lehre bis zur Meisterprüfung verlaufen?
Ich war überrascht, dass ich schon zum Meisterkurs eingeladen wurde. Ich war sechs, sieben Jahre im Beruf und frage mich: „Bin ich schon soweit?“ Eigentlich hätte ich mich zuerst nicht angemeldet. Mein Mann hat mich aber ermutigt, denn ich arbeitete da schon in seinem Bäckereibetrieb. Heute bin ich froh darüber. Man arbeitet im Kurs ja darauf hin, Meisterin zu werden. Die Basis hat man, und man lernt Neues dazu, entwickelt sich weiter, bekommt Inspiration, baut ein Netzwerk auf. Wir hatten tolle Referentinnen und Referenten, engagierte Lehrerinnen und Lehrer. Es war durchweg ein toller Kurs.
Berufsbegleitend ist es nicht leicht, zeitlich und organisatorisch. Aber es lohnt sich. Ich hatte Glück: Eine Gesellin bei uns im Betrieb hat viel abgefangen. Ohne sie wäre es deutlich schwieriger gewesen.
Zurück in Südtirol habe ich dann aktiv eine Lehrstelle gesucht. Dass es geklappt hat, war für mich ein großes Glück.
Was waren die größten Herausforderungen – zeitlich, organisatorisch, finanziell oder persönlich? Und wie hast du sie bewältigt?
Die Kurszeiten waren manchmal ungünstig gelegt, oft ausgerechnet zu unseren stärksten Arbeitszeiten wie am Muttertag. Da musste man viel umorganisieren. Für viele, die selbstständig sind, noch mehr. Dank der Unterstützung im Betrieb, in der Familie und durch Freundinnen und Freunde bei der Kinderbetreuung konnte ich die meisten Stunden wahrnehmen. Finanziell muss man sich den Meisterkurs gut überlegen, aber es gibt Beiträge und Fördermöglichkeiten. Viele Betriebe übernehmen auch die Kosten ganz oder teilweise. Insgesamt ist es eine intensive Zeit, aber absolut wertvoll.
Wie lange dauert der Weg von der Lehre bis zum Meister?
Der Gesellenbrief kommt nach drei Jahren Lehrzeit und bestandener Gesellenprüfung. Den braucht man, um den Berufstitel überhaupt führen zu dürfen. Der Meister ist eine Fortbildung und besteht aus drei Teilen: fachpraktischer Teil innerhalb der Berufsgruppe, Unternehmensführung und Mitarbeiterführung. Manche Kurse werden regelmäßig angeboten, der fachpraktische Teil aber nur, wenn Lehrpersonen gefunden werden. Deshalb kann es passieren, dass man warten muss. In meinem Fall ging es gut auf. Aber es gibt andere Berufsgruppen, bei denen es viel länger dauert.
Wie war es für dich persönlich, plötzlich wieder „bei null“ anzufangen?
Ich war Anfang 20, als ich aus dem Kindergarten ausgestiegen bin. Danach ging ich für ein dreiviertel Jahr nach Australien, um herauszufinden, was ich möchte. Dort ist die Entscheidung für die Konditorei gereift. Zurück in Südtirol habe ich dann aktiv eine Lehrstelle gesucht. Dass es geklappt hat, war für mich ein großes Glück.
Wann hast du den beruflichen Wechsel gemacht?
Ich war Anfang zwanzig, als ich den Kindergarten verlassen habe, und Mitte zwanzig, als ich mit der Konditorlehre begonnen habe. Man kann nur bis 25 in die Lehre einsteigen – ich habe es zum Glück noch geschafft. Danach kam vieles Schlag auf Schlag: Lehre, Kinder, Meisterkurs. Viel Organisation, frühes Aufstehen, Babyphone in der Backstube, aber es hat funktioniert.
Klar, auch heute gibt es Tage, die schwerer sind. Aber sobald ich in der Backstube bin, läuft es. Ich fühle mich erfüllt.
Trotz Kindern, Familienalltag und Meisterkurs hast du alles geschafft. Wie schaust du heute darauf?
Als Frau übernimmt man vieles „nebenbei“ – und rechnet es sich zu wenig an. Es ist viel mehr als funktionieren. Ich hatte Glück, viel Unterstützung und habe trotzdem gemerkt, wie viel Kraft und Organisation dahintersteckt. Aber ich würde diesen Weg jederzeit wieder gehen.
Viele Menschen verspüren irgendwann den Wunsch nach beruflicher Veränderung, wagen den Schritt aber nicht. Was hat dir Mut gegeben?
Wenn alles passt – Betrieb, Kolleginnen, Chef –, man aber trotzdem unzufrieden ist, muss man ehrlich zu sich sein. Das war bei mir der Fall. Ich wollte einen Beruf finden, den ich gerne bis zur Rente mache. Und den habe ich jetzt. Klar, auch heute gibt es Tage, die schwerer sind. Aber sobald ich in der Backstube bin, läuft es. Ich fühle mich erfüllt, ich schaue nicht ständig auf die Uhr. Das war vorher nicht so.
Gab es Fähigkeiten aus deiner Zeit als Kindergärtnerin, die du in den neuen Beruf mitnehmen konntest? Und Dinge, die du ganz neu lernen musstest?
Handwerkliches liegt einem – oder nicht. Ich hatte Glück, dass mir beides liegt: das Soziale und das Backen. Im Kindergarten habe ich gelernt, offen und unbefangen auf Menschen zuzugehen. Kinder sind ehrlich und authentisch, und das ist etwas, das man in jeden Beruf mitnehmen kann. Neu war natürlich vieles: Betriebswirtschaft, Organisation, Buchhaltung. Aber gerade durch den Meisterkurs konnte ich da hineinfinden. Das war für mich früher eine „große, weit entfernte Blase“. Heute kann ich mitreden und verstehen, was einen Betrieb im Hintergrund am Laufen hält.
Welche Zukunftspläne hast du?
Ich möchte mich stärker im Betrieb meines Mannes einbringen, auch in organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Bereichen. Die Bäckerei kommt im Dorf sehr gut an und ist beliebt, deshalb würden wir gerne wachsen und den Betrieb vergrößern. Da möchte ich mich gerne einbringen.




