Kommentar

Wert der Mehrsprachigkeit schätzen

Montag, 1.2.2021

“As diversity grows – so must we.“ Wieso Gary R. Howards Mantra zur sprachlichen Situation an Südtiroler Schulen passt.

Was für eine Ehre, die erste Kursfolge „Mehrsprachigkeitsdidaktik“ begleiten zu dürfen! Es geht um theoretische und praktische Kenntnisse der Mehrsprachigkeitsdidaktik, Lehrerinnen und Lehrer sollten mehrsprachiges und sprachsensibles Lernen initiieren, planen, durchführen und evaluieren können. Die Ziele verweisen darauf, dass Mehrsprachigkeit jene Normalität ist, um deren Gestaltung es in der Schule geht. Zu oft verengt sich Mehrsprachigkeitsdidaktik anderswo auf sprachsensiblen Unterricht und damit auf eine einzige Sprache. Nicht so in Südtirol. Das Vorhandensein von drei Landessprachen und die sicht- und hörbare alltägliche Mehrsprachigkeit machen eine solche, auch anderswo problematische, Reduktion sinnlos. Fremdsprachen und die Herkunftssprachen der Schülerinnen und Schüler ergänzen ein Bild, das von den Lehrpersonen in der Kursfolge als herausfordernd und oft auch konfliktuell beschrieben wird.

Wie anderswo gibt es auch in Südtirol Vorstellungen, wie (eine bestimmte) Sprache zu sein hat oder wie sich Menschen sprachlich verhalten sollten. Solche Ansichten über Sprache und Sprachverhalten haben eine Tradition und sind gut verankert, aber sie sind auch veränderbar. Derzeit steht die gewohnte Mehrsprachigkeit auf dem Prüfstand. Die wachsende Wahrnehmung der Sprachen der Migration verlangt nach Veränderung. Ist es nicht schon kompliziert genug, Italienisch, Deutsch und an vielen Standorten Ladinisch einen Platz zu verschaffen, der den Schülerinnen und Schülern nachhaltige Kompetenzentwicklung in der Sprache und in den Fächern zusichert? In ihrer Antwort sieht sich die Schule mit der zentralen Frage des Ein- und Ausschlusses konfrontiert. Eine inklusive Schule gründet ihre Schulsprachenpolitik in einem umfassenden Verständnis von Mehrsprachigkeit. Aus dem vierten Ziel für nachhaltige Entwicklung lassen sich die zentralen Fragen ableiten: Wie kann Wertschätzung von Mehrsprachigkeit umgesetzt werden? Wie kann mehrsprachige Teilhabe am Unterricht ermöglicht werden? Wie können Schülerinnen und Schüler auf eine mehrsprachige Welt vorbereitet werden? Das Mehrsprachencurriculum ist ein guter Rahmen dafür.

Wertschätzung von Mehrsprachigkeit und Vorbereitung auf eine mehrsprachige Welt sind Aufgaben, für die viele spannende Lösungswege an den Schulstandorten verwirklicht werden, wie sich an den Projekten zeigt, die zum Abschluss der Kursfolge präsentiert wurden.

Eva Vetter Professorin für Fachdidaktik/Sprachlehr- und -lernforschung an der Universität Wien

Demgegenüber ist die Entwicklung pluraler Formen der Teilhabe (fast) noch eine Leerstelle. Angesprochen sind insbesondere Sachfächer. Wie sieht Unterricht aus, der ein bestimmtes Thema, beispielsweise Klimaschutz, mehrsprachig bearbeitet? Wie kann der Vorteil von Mehrsprachigkeit für das Sachlernen genützt werden? Wie können alle Schülerinnen und Schüler verschiedene sprachlichen Ressourcen einbeziehen und am Lernprozess aktiv teilhaben? Es würde nicht überraschen, wenn die Südtiroler Schulen und ihre Lehrerinnen und Lehrer auch bei dieser Entwicklung eine Vorreiterrolle spielten

Kommentar

Publikationsreihe „Roter Faden“ für den Unterricht stößt auf Interesse

Montag, 27.10.2025

Die Pädagogische Abteilung der Deutschen Bildungsdirektion präsentierte auf der Didacta Italia in einem Workshop ihr Konzept für vernetztes Lernen. Auf der Didacta Italia – Edizione Trentino, die vom 22. bis 24. Oktober in Riva del Garda stattfand, waren Mitarbeiterinnen der Pädagogischen Abteilung der Deutschen Bildungsdirektion mit einem eigenen Workshop vertreten. Im Mittelpunkt: die Publikationsreihe „Roter …

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Im Fokus

  • Wie funktioniert Bildung heute?
    Die achtteilige Filmreihe „Bildung real“ gibt lebendige und ehrliche Einblicke in Südtirols Bildungssystem. Jetzt ist die neueste Folge online.
  • „Schülerinnen und Schüler ans Steuer lassen“ 
    Die Erziehungswissenschaftlerin Gabriele Weigand plädiert für eine Schule, die jedes Kind als Person in den Blick nimmt – jenseits von Etiketten wie „schwach“ oder „hochbegabt“. In Brixen leitete sie gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden Mirjam Maier-Röseler und Katharina Weiand eine Fortbildung zur inklusiven Begabungsförderung. Im Interview erklärt sie, wie Kinder ihre Fähigkeiten entfalten können, welche Kultur Schulleitungen stiften sollten und warum gute Förderung immer auf Beobachtung und Vertrauen basiert.
  • „Wir verhindern Lernen durch Unterricht“ 
    Stefan Ruppaner gilt als einer der radikalsten Schulreformer Deutschlands. An der Alemannenschule im baden-württembergischen Wutöschingen hat er das klassische Schulsystem auf den Kopf gestellt – und zeigt, wie Lernen ohne Unterricht besser funktioniert – auch für Schulen in Südtirol. 
  • Führen ohne Macht  
    Die Organisationsberaterin Michaela Sburny begleitet seit Jahren Schuldirektorinnen und Schuldirektoren sowie solche, die es werden wollen. In Schloss Rechtenthal in Tramin leitet sie ein Fortbildungsmodul zu Personalführung und -entwicklung – über Motivation, Rollenbilder und die Kunst des Führens ohne Macht. 
  • Arbeitsplatz in schwindelerregender Höhe
    Die Landesdirektion deutschsprachige Berufsbildung bietet am Berufsbildungszentrum Schlanders Lehrgänge für Fenstermonteure an, welche mit einer Zertifizierungsprüfung abschließen. Brigitte Donà hat diesen Lehrgang erfolgreich absolviert und ist Südtirols erste zertifizierte Fenstermonteurin. Donà ist in einem weltweit tätigen, innovativen Fassadenbauunternehmen in Brixen beschäftigt, das Sonderkonstruktionen aus Glas und Metall realisiert.
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